Interview

Barbara Wolfart, Künstlerin und CED-Helferin aus Kempten

Die Künstlerin Barbara Wolfart aus Kempten finanzierte 2009 durch den CED den Bau des HIV/AIDS-Gesundheitszentrums „Faraja“ in Singida, Tansania. Drei Jahre später besucht sie mit der CED-Vorsitzenden Dr. Susanne Pechel das Haus und ist berührt von der Bedeutung des Hauses und der Hilfe, die es für die Kranken leistet. Bewegt von der Herzlichkeit der Menschen, die das schwere Schicksal HIV/AIDS zu tragen haben, und begeistert von den farbenfrohen Stoffen Afrikas, beginnt Barbara Wolfart ein Projekt, um den Frauen in Singida die Möglichkeit eines Zuerwerbes zu geben. Die Frauen, die die Taschen anfertigen, sind Patientinnen, die in “Faraja” betreut werden. Sie sind froh, etwas tun zu können, um für sich und ihre Kinder etwas zum Leben dazu zu verdienen. Aufgrund ihrer HIV-Infektion finden sie keine Arbeit mehr und können häufig keine schweren Arbeiten mehr verrichten.

 Gespräch mit Barbara Wolfart:

CED: Sie haben das Projekt „Taschen für Afrika“ ins Leben gerufen. Was steckt dahinter?

B. Wolfart: Die altbekannte Idee, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Bei meinen Afrikareisen hatte ich hauptsächlich mit Frauen zu tun. Ich habe beobachtet, dass viele Mütter von den Vätern ihrer Kinder allein gelassen werden. Die Väter kommen und gehen. Hauptsächlich aber gehen sie. Und die Verantwortung für die Kinder bleibt bei den Frauen, auch die finanzielle. Diese Frauen sind sehr stark. Aber ich wollte eine Möglichkeit finden, ihnen wenigstens ein bisschen zu helfen. Daher war es naheliegend, etwas zu entwickeln, das Frauen einen kleinen Verdienst ermöglicht wie das Nähen von Taschen. Natürlich hat es mir auch Spaß gemacht, sich etwas Kreatives auszudenken. Die Frauen haben das gespürt und sind mit Freude und Fantasie an die Arbeit gegangen.

CED: Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

B. Wolfart: Bei meinem ersten Besuch in Afrika haben mich besonders die wunderschön farbigen Stoffe, die die Afrikanerinnen als Kleider um sich wickeln, fasziniert. Ein paar davon habe ich nach Deutschland mitgenommen. Damals wusste ich noch nicht, was ich damit machen wollte. Zuhause kam mir dann die Idee, die Stoffe mit ausrangierten Kaffeesäcken zu kombinieren und daraus Taschen zu nähen. Ein paar Wochen lang nähte ich zuhause ungefähr 20 verschiedene Mustertaschen. Im nächsten Frühjahr ging ich mit drei Modellen zurück nach Tansania. Dort zeigte ich einigen Frauen, wie diese Taschen genäht werden.

CED: Wie haben Sie Ihre Idee dann in die Tat umgesetzt?

B. Wolfart: Schon bei meinem letzten Besuch in „Faraja“ habe ich einen Raum entdeckt der nur zeitweilig genutzt wurde. Das hat meine Fantasie zusätzlich angeregt, ich wollte diesem „Freiraum“ eine weitere Bestimmung geben. Für mein Taschenprojekt war er schließlich ideal. Die Maschinen kaufte ich in Arusha gleich nach meiner Ankunft aus Europa. Sie funktionieren mit Strom, aber auch mechanisch, wenn der Strom ausfällt – was häufig passiert.

CED: Wie entstehen die Taschen und welches Material wird verwendet?

B. Wolfart: Um die Dinge zu vereinfachen, entschied ich mich vor Ort für nur ein Modell meiner mitgebrachten Mustertaschen. Es ist eine mittelgroße Umhängetasche, die innen mit afrikanischem Stoff gefüttert ist. Dieser Stoff bildet auch nach außen den oberen und farbigen Teil der Tasche. Der untere Teil ist aus einem gebrauchten Kaffeesack aus Jute, der mit Schrift bedruckt ist. Die beiden Materialien bilden einen reizvollen ästhetischen Kontrast.

CED: Wie viele Mütter nehmen momentan an dem Projekt teil?

B. Wolfart: Angefangen haben wir mit drei Frauen, denn wir wussten ja nicht, ob die Taschen auch bei Käufern Gefallen finden würden. Langfristig wünschen wir uns natürlich, viel mehr Frauen einstellen zu können.

CED: Können Sie uns die Geschichte einer der Mütter erzählen, die jetzt als Näherin arbeitet?

B. Wolfart: Ester ist HIV positiv wie auch die anderen Näherinnen. Sie war schwanger, als wir mit dem Projekt im Frühjahr begannen. Im Juli wurde ihre kleine Devotha geboren. Schon in der Schwangerschaft ist sie sehr gut vom HIV/AIDS Zentrum „Faraja“ betreut worden. Bei der Geburt wurde Ester beim Einsetzen der Wehen sofort medizinisch behandelt, so dass die Übertragung des HI-Virus auf das Baby erfolgreich verhindert wurde. Die nachfolgenden medizinischen Tests bestätigten, dass Devotha völlig gesund ist – und dank der guten ärztlichen Betreuung kann Ester ihr Baby sogar stillen!

CED: Wie läuft der Vertrieb ab und wie viele Taschen wurden bereits verkauft?

B. Wolfart: Wir haben bis jetzt rund 50 Taschen verkauft. Momentan läuft der Vertrieb hauptsächlich über private Kanäle. Eine breiter gestreute Vermarktung ist angedacht, auch über das Internet. Mein Sohn, der mich auf meiner letzten Tansaniareise begleitete, hat dafür eine interessante Website entwickelt.

CED: Das Projekt ist sehr gut angelaufen, welche Schritte sind als nächstes geplant?

B. Wolfart: Als nächstes wollen wir die Vermarktung und den Transport von und nach Afrika effektiver gestalten. Langfristig wünschen wir uns natürlich, dass das Projekt vielen alleingelassenen Frauen in Singida zu einem Arbeitsplatz und zu mehr Anerkennung verhilft.